Finissage
Von der Menschlichkeit im Umgang mit Wasser
© Annette Krumpholz
09.10.2022
aw
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Von lokalen Nachhaltigkeits-Initiativen über wohlklingende Wassermusik bis hin zu den knallharten und bitteren Realitäten der Seenotrettung im Mittelmeer ging das Spektrum in St. Peter und Paul in Schierstein am Samstagabend (8. Oktober).
Ein Jahr lang hatten die kirchlichen Bildungseinrichtungen das Programm zum „Jahr des Wassers“ in der hessischen Landeshauptstadt bereichert und mit unterschiedlichsten Veranstaltungen politische, theologische und auch künstlerische Aspekte des Themas „Wasser“ beleuchtet. Das alles ließen sie gebündelt Revue passieren.
Versuch gewagt – Akteure gewonnen
„Man kann ein solches Thema der Stadt nicht überstülpen – wir haben hier einen Versuch gewagt“, bekannte gleich eingangs Dr. Thomas Weichel von der Stabsstelle Wiesbadener Identität. Seitens der Verwaltung ist er einer der Köpfe hinter dem Aktionsjahr.
Das Interesse verschiedenster Akteure am Jahr des Wassers teilzuhaben und es mit eigenen Veranstaltungen zu bereichern, habe die Verwaltung geradezu überrollt. Die beiden großen Kirchen waren sehr früh dabei, betonte er. Während von kommunaler Seite die knallharten Themen wie Überschwemmungskonzepte und energetische Nutzung des Thermalwassers im Fokus gestanden hätten, „haben die Kirchen die spirituelle Seite des Wassers wunderbar abgebildet“.
Dass die Kirchen jedoch sehr wohl auch die harten Fakten im Fokus haben, zeigten die Ausführungen von Theresa Kreutz. Sie ist Referentin für sozialräumliche Arbeit im Pastoralteam St. Peter und Paul.
Vor drei Jahren haben sich die drei Wiesbadener Pfarreien und weitere katholische Einrichtungen zu einer Klima-AG zusammengeschlossen. Dort geht es um ganz konkrete Maßnahmen. Welche „pflegeleichten“ Kirchplätze in Wiesbaden kann man beispielsweise entsiegeln und Betonplatten durch Beete und Grünflächen ersetzen? Veränderungen breit zu diskutieren, aktiv anzustoßen und nachhaltig umzusetzen ist die Motivation der Klima-AG.
„Man lässt keinen Menschen ertrinken.“
Wasser ist Lebensspender und verbindendes Element für Menschen. Es kann zugleich trennen, abgrenzen und Leben verschlucken. Im Mittelmeer ertranken in 2022 bereits mehr als 1.300 Menschen beim Versuch, ein besseres, sicheres Leben in Europa zu erreichen.
Die Theologin Doris Peschke, Projektleitung von „Wege in die Legalität“ bei der Diakonie Hessen berichtete über die Abschottung der Europäischen Union an ihren Außengrenzen. Die Diakonie Hessen unterstützt mit über 850 weiteren Einrichtungen die Organisation „United for rescue“, die sich für die Seenotrettung Flüchtender einsetzt.
Der United-for-rescue-Grundsatz „Man lässt keinen Menschen ertrinken. Punkt“ findet nach Peschkes Einschätzung eine breite Mehrheit in der europäischen Bevölkerung. Auch Wiesbaden engagiere sich für eine solidarische Flüchtlingspolitik, indem die Landeshauptstadt sich bereits vor einigen Jahren zum „sicheren Hafen“ erklärte und Teil eines Bündnisses ist, das die Entkriminalisierung der Seenotrettung fordert.
Den dunkel-bedrohlichen Aspekt des Wassers verdeutlichte eine beeindruckende Fotografie der Künstlerin Lis Kortmann. Auf neun Metern Breite zeigte sie schwarz wogende Wellen. Im Künstlerinnengespräch erfuhren die überraschten Besucher, dass es sich bei den Wellen keineswegs um Wasser, sondern um die extrem vergrößerte Nahaufnahme eines Plastikfetzens handelt, den die Fotografin beim Spaziergang an der norddeutschen Küste eingesammelt hat.
Versöhnende Klänge
Musikalisch ergänzt wurde der Abend durch die Klang-Interventionen des Duos „Liquid Soul“ aus Berlin. Mit einem selbst erfundenen Instrument, der Wasserstichorgel, erschufen sie mit sichtbarer Spielfreude zauberhafte Töne und effektvolle Rhythmen: von luftig-neblig bis hin zu rauschend und mitreißend.
Diese Musik, aber mehr noch die dringlichen Appelle der Gesprächspartnerinnen zu mehr Menschlichkeit, hallen noch lange nach. So fasste Dr. Susanne Claußen vom Evangelischen Dekanat passend zusammen: „Wir als Kirchen dürfen das Thema Wasser nicht nur der Politik überlassen. Jeder Mensch muss Zuversicht bekommen und dafür sind wir hier!“
Veranstalter des Abends waren die Katholische Erwachsenenbildung Wiesbaden-Untertaunus und Rheingau (KEB) und das Evangelische Dekanat Wiesbaden.
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